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Erklärung des Regisseurs
Nota del Director
Erklärung des Regisseurs

An dieser Stelle möchte ich darlegen warum ich mich als Instrument der Gesellschaft fühle: sie hinterlässt durch mich ein subjektives Zeugnis welches aber ehrlich mit Ihr selbst ist.

Obwohl einen Film zu machen eine Manifestation ist, welche die Träume und Geheimnisse eines Filmemachers verbindet möchte ich mich rechtfertigen gegenüber der Idee, dass ein Künstler einen Film macht ausschließlich „weil er möchte“.

Mehr als das, ist ein Film die Wirklichkeit genau so wie ihr Schöpfer sie begreift, in Bildern die nicht zwangsläufig realistisch sind; jedoch ausreichen um die Traurigkeit und Hoffnung, die Schönheit und das Elend, den Hass und die Liebe auszudrücken welche er in seiner Umgebung wahrnimmt.

Ich fühle die Notwendigkeit diese Geschichte als eine Urkunde beider Gesellschaften zu erzählen, die in der ich geboren bin (Kolumbien) und in der ich gerade lebe (Berlin); als ob es ein Diktat dieser zwei kollektiven Bewusstsein an meine kreative Fähigkeit und meine Vorstellungskraft wäre.

 

Das zentrale Thema meines Interesses, welches den dramatischen Bogen der Geschichte bildet, ist der Übergang den eine Gruppe Menschen immer zwischen den Konzepten Gemeinschaft und Gesellschaft eingeht. So postuliert es der deutsche Soziologe Ferdinand Tönnies. Er definiert eine ‚Gemeinschaft‘ als eine Art der Assoziation in welcher der natürliche Wille überwiegt. Dementgegen ist die ‚Gesellschaft‘ ein Kollektiv welches durch rationalen Willen geformt wird und von ihm abhängig ist. Tönnies schreibt: “Gemeinschaft ist das dauernde und echte Zusammenleben, Gesellschaft nur ein vorübergehendes und scheinbares. Und dem ist es gemäß, daß Gemeinschaft selber als ein lebendiger Organismus, Gesellschaft als ein mechanisches Aggregat und Artefakt verstanden werden soll.“

 

Die Beziehung zwischen Leo und Sofia, einem Mann in seiner mid-life crisis und einem Mädchen coming-of-age, symbolisiert den schmerzhaften und unvollendeten Prozess, den die zeitgenössische kolumbianische Gesellschaft in diesem Sinne durchlebt hat. Dort wurden vier Präsidentschaftskandidaten in dem Jahr umgebracht in dem die Welt die Berliner Mauer fallen sah.

Dieser Prozess vollzog sich in drei Momenten:

Der Erste, chaotische, in der die fehlende Entscheidung sich den notwendigen Änderungen zu stellen eine Gesellschaft ohne Fähigkeit zur Reaktion hinterlässt.

Im Zweiten, beschließt die Gesellschaft an dem Punkt angelangt zu sein im Gespräch in die Idee einzuwilligen , dass ein schlechter Kompromiss besser sei als eine gute Fehde.

Das dritte Szenario, in dem sie sich ein verbindliches Mandat auferlegen um Ordnung über das institutionalisierte Chaos zu erheben.

Ausschließlich die Geschichte wird sagen ob es die aktuelle Regierung Kolumbiens, nach acht Jahren unter einer korrupten, missbräuchlichen und autoritären Regierung, ermöglichen kann, dass die Gesellschaft in naher Zukunft in einem vierten Szenario lebt, wo sie mit Respekt für Unterschiede anfangen kann eine Gemeinschaft zu sein: durch die Anstrengung alte Arten des Seins aufzugeben und die tiefgreifenden Veränderungen und Notwendigkeiten in der individuellen und kollektiven Mentalität in Angriff zu nehmen. Das ist es wie Leo und Sofia am Ende der Geschichte leben: oberflächlich kann es wie ein glückliches Ende scheinen. In Wahrheit ist es jedoch ein schmerzlicher Auftakt für Beide.

 

Dieser Übergang von Gesellschaft zu Gemeinschaft, schwierig wie dieser, wird noch komplexer wenn die Emotionen und Probleme der Personen mit ins Spiel kommen. Sie sind mit ihrer Vergangenheit konfrontiert, ihrer Vorstellung der Zugehörigkeit zu einer Familie, einer Rasse, einer Nation oder einer Kultur; mit ihren Vorstellungen von Gott, der Liebe, der Tragik, dem Gut und Böse.

Mir scheint es eine wichtige Möglichkeit zu sein die Personen und Aktionen wie Themen zu behandeln, als Medien zum Nachbilden der Pathologien unserer Zeiten, wie den Konsumismus, die radikalen Sexualpraktiken, die Pornografie, die Angst, das fehlen der Privatheit, die Allgegenwart und Unmittelbarkeit, der Massentourismus oder die Erfolgsneurose. Auf ihre Weise sind sie ungeschickte Art die großen zeitgenössischen Fragen zu beantworten. Wie ist man authentisch in einer Welt die immer weniger individualistisch geworden ist, wo verortet man sich und findet einen angemessenen Ort in einer Welt die unabänderlich global ist, wie bestätigt man das Recht auf Selbstbestimmung in einer Gesellschaft welche die bürgerlichen Freiheiten zu unserer eigenen Sicherheit beschränkt, wie konstruiert man eine gesunde Gesellschaft dort wo die Familien immer kränker erscheinen, wie bewahrt man eine historische Perspektive wenn die Welt immer unmittelbarer wird oder wie soll man sich ethisch verhalten wenn für die erfolgreichsten Männer der Gesellschaft der Zweck die Mittel heiligt? Das sind die Dilemmata in denen Nadia, Julieta, Ursula, Hannes, Marika und die übrigen Personen welche Leo und Sofia in Berlin begleiten, leben.

 

Um diese Konflikte zu inszenieren bedarf es einer Umgebung die sich aufwiegelt ohne innezuhalten aber zugleich „sympathisch“ ist. Wo die Bewegungen nicht vergeblich sind oder die Gefühle und Wahrnehmungen der Personen verzerren. Ich kann mir keinen besseren Ort als Berlin vorstellen, wo es keine toten Stadtteile gibt in denen es nicht zu sehen gibt offensichtlich abgesehen vom Ort selbst.

Trotz seiner Ruhe und Bedächtigkeit, Berlin ist 24 Stunden lebendig, ständig in Bewegung aber sehr unterschiedlich von Bogotá, New York oder London, die brutal und unbarmherzig sind.

In Berlin, Babel dort wo man das Gefühl der Zerstörung einatmen kann, verschwindet nichts das zerstört wurde für immer. Es verbleibt in den Gegenständen der tausenden von Antiquariaten und Flohmärkten in denen Geschichte ein Produkt des Einzelhandels ist. Es ist eine Umgebung wo Regeln und Dinge vernichtet werden können zu Gunsten der Mode, der Zeit oder der Verlockung, anstatt von Gewalt oder dem Zusammenbruch sozialer Strukturen.

Berlin mit seinem reichhaltigen Angebot an „kostenlosen“ Diensten, die nicht „gratis“ sind; es ist nicht trist obschon das Leben schwierig ist. Es macht den Eindruck, dass man hier so leben kann wie es sein sollte, der Grund warum die Stadt jährlich Millionen von Touristen anzieht.

Die Erzählung wird sehr zugespitzt in Richtung der Beobachtung Berliner Lebens, des solidarischen Egozentrismus und des sportlichen Hedonismus seiner Einwohner, der Zirkulation in den Straßen, der lokale Urbanität und des Anarchismus - zugleich sympathisch und zerstörerisch von den Berliner Marginalisierten. Diese versuchen andauernd gegen die ruhige Lebensweise eines Bürgertums vorzugehen, das sich von Zeit zu Zeit selbst marginalisiert da die Ausgrenzung auch die romantische Facette der „Coolness“ hat.

 

Victor Hugo Gutiérrez Giraldo

Berlin, Dezember 2011